Totalversagen der Landesregierung

Totalversagen der Landesregierung
01.11.2023

Die Eifel-Mosel Zeitung sprach mit Gordon Schnieder über die Finanzen der Kommunen

EMZ: Seit einem dreiviertel Jahr ist das neue Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) in Kraft. Die Kritik daran wird nicht leiser und nimmt ständig zu. Gemeinderäte treten geschlossen zurück, Bürgermeister schmeißen den Kram hin. Woran liegt das?

Gordon Schnieder: Der Verfassungsgerichtshof urteilte im Jahr 2020, dass die Kommunen über viele Jahre hinweg von Mainz nicht so finanziell ausgestattet wurden, wie es ihnen nach Rechtslage zustand. Daher musste ein neues LFAG her, denn die Kommunen konnten viele ihrer Pflichtaufgaben und die sogenannten freiwilligen Aufgaben nicht angemessen erfüllen. Im LFAG zeigt sich das Totalversagen der Landesregierung, weil der Kern des Problems nicht gelöst wurde: Arme Gemeinden sind nach wie vor arm. Und gerade im Moment zeigt sich, dass die Schere immer weiter aufgeht. Aber statt das neue Gesetz jetzt auf den Prüfstand zu stellen, will die Landesregierung die Folgen erst im Jahr 2026 prüfen. Das ist viel zu spät. Daher hat die CDU einen Vorschlag zur sofortigen Neuordnung des Gesetzes vorgelegt.

EMZ: Das müssen sie erklären …
Gordon Schnieder: Das ist relativ einfach, wenn man es wie einen privaten Haushalt betrachtet: Wenn die monatlichen festen, unabwendbaren Ausgaben ständig über den Einnahmen liegen, dann führt das zu einer stetig weiter steigenden Verschuldung. Die Landesregierung will den Städten und Gemeinden zwar die Hälfte ihrer aktuellen Schulden erlassen. Gleichzeitig wachsen neue Schulden an. Und die Gemeinden werden gezwungen, ihre kommunalen Steuern zu erhöhen. Damit werden die Menschen vor Ort direkt finanziell getroffen. Sie tragen die Lasten, die das Land nicht bereit ist, zu stemmen.

EMZ: Ist das die kommunenfeindliche Politik, die Sie der Landesregierung schon früher vorgeworfen haben?
Gordon Schnieder: Die politischen Entscheidungen der Landesregierung führen bei vielen Städten und Gemeinden zu einem doppelten Effekt: Deren Ausgaben wachsen ständig, aber deren Einnahmen halten damit nicht Schritt. Das steht im krassen Widerspruch zu einer ordentlichen kommunalen Finanzausstattung. Die Folgen hieraus haben die ehrenamtlich Tätigen vor Ort auszulöffeln.

EMZ: Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?
Gordon Schnieder: Nehmen wir als ein Beispiel den ÖPNV. Das Land hat ihn zur kommunalen Pflichtaufgabe gemacht. Das freute die Städte und Gemeinden zunächst, weil sie davon ausgehen durften, dass das Land sie von dieser finanziellen Last zumindest in einem Großteil befreit. Aber herausgekommen ist ein ÖPNV nach Kassenlage. Und die ist in der Regel schlecht. Das hat ein Gutachter scharf kritisiert: Pflichtaufgabe heißt so, weil sie eine Pflicht ist. Als Ergebnis sehen wir, dass den Kommunen im Bereich ÖPNV alleine in diesem Jahr rund 240 Millionen Euro fehlen.

EMZ: Aber es gibt doch auch bei uns reiche Kommunen …
Gordon Schnieder: Ohne Zweifel gibt es reiche Gemeinden, auch bei uns in der Vulkaneifel. Manche erheben keine Grundsteuer mehr, da sie eine sprudelnde Einnahmequelle haben. Andere Kommunen haben hohe Ausgaben – zum Beispiel im Sozialbereich –, aber die Einnahmen reichen bei Weitem zur Deckung der Ausgabelast nicht aus. Das führt zu Ungleichgewichten, die sich ständig vergrößern. Wir dürfen aber niemanden zurücklassen. Wirklich gut kann es uns in Rheinland-Pfalz nur dann gehen, wenn es unseren Gemeinden gut geht.

EMZ: Sind die Finanzen der Grund dafür, dass die Bereitschaft, ein kommunales Ehrenamt zu übernehmen, abnimmt?
Gordon Schnieder: Oft wird Kritik bei den Ratsmitgliedern oder dem Bürgermeister abgeladen, obwohl der Ursprung des Problems in der Landespolitik liegt. Ein weiteres sehr großes Ärgernis für die Ehrenamtler ist die ständig anwachsende Bürokratie. Wer ein kommunales Ehrenamt übernimmt, der möchte nicht gegängelt werden, sondern gestalten, nicht den Mangel verwalten. Das Gestalten ist aber in vielen unserer Gemeinden kaum noch möglich. Wenn kein Geld mehr vorhanden ist, dann fragen sich manche, ob der Einsatz für die Allgemeinheit noch einen Sinn hat. Viele Ehrenamtler erleben, dass die Umsetzung guter Ideen immer öfter am fehlenden Geld scheitert. Es sind aber gerade diese Neuerungen, die uns nach vorne bringen.

EMZ: Herr Schnieder, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Gordon Schnieder: Sehr gerne.