Kommunen wehren sich

Kommunen wehren sich
04.05.2023

Die Eifel-Mosel Zeitung sprach mit Gordon Schnieder über die Folgen des Landesfinanzausgleichsgesetzes (LFAG) für die Kommunen und die Bürger

EMZ: Im Dezember 2020 urteilte der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof, die bisherige Finanzierung der Kommunen durch das Land sei nicht verfassungsgemäß. Daher musste die Landesregierung ein neues Landesfinanzausgleichsgesetz ausarbeiten, das den Bedarf der Kommunen an ihren Aufgaben misst. Die CDU-Opposition hat sich dagegen bis zuletzt gewehrt. Warum?
 

Gordon Schnieder: Das Gesetz wird nicht dazu führen, dass die armen Kommunen einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Zusätzlich zwingt das Land die Städte und Gemeinden, die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer mitunter deutlich anzuheben.

 

EMZ: Sie müssen diese Steuern auf den Bundesdurchschnitt anheben. …

Gordon Schnieder: Wenn überall die Lebensverhältnisse gleich wären, wäre das gerecht. Das trifft aber nicht zu. So haben zum Beispiel große Städte wie Köln, Hannover oder Dresden ganz andere Aufwendungen in der kommunalen Daseinsvorsorge als zum Beispiel eine Stadt in der Vulkaneifel: Daun ist nicht Köln. Oder anders gesagt: Wer das gleiche verlangt, der muss auch das gleiche bieten.

 

EMZ: Sie haben in einer Rede im Parlament das LFAG beschrieben mit „täuschen, tarnen, tricksen“. Sie sind auch der Generalsekretär der CDU. Haben Sie das deshalb so wuchtig formuliert?

Gordon Schnieder: Gesetze sollten so geschrieben werden, dass sie der ganz normale Bürger verstehen kann. Im neuen LFAG hat die Landesregierung genau das Gegenteil gemacht. Es ist ein äußerst kompliziertes Gebilde entstanden. Das Land gibt den Städten und Gemeinden nicht etwa mehr Geld als zuvor, das Land schichtet Geld um und schmückt sich zusätzlich mit Finanzmitteln, die den Kommunen längst gehören und nur zeitversetzt ausgezahlt werden. Darüber hinaus verschiebt das Land Geld von den reichen zu den armen Kommunen. Unter dem Strich legt das Land weniger Geld in den Finanzausgleich, als in den vergangenen verfassungswidrigen Jahren. Eine Planungssicherheit haben die Kommunen nicht. Bereits jetzt ist aber gewiss, dass viele Städte und Gemeinden ab 2024 wohl deutlich weniger Geld bekommen werden. Und obendrauf werden die Bürger durch höhere Steuern belastet.

 

EMZ: Welche Auswirkungen hat das auf die Bürger?

Gordon Schnieder: Niedrige Hebesätze waren für viele Gemeinden – gerade für diejenigen in der Nähe zu NRW – ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Dieser Vorteil fällt mit dem neuen LFAG weg. Weil die Landesregierung die Städte und Gemeinden zwingt, die Steuern anzuheben, sinkt die Attraktivität unserer Kommunen. Das könnte mitunter auch zu weniger Gewerbeansiedlungen führen. Die Folge wären dann auch weniger attraktive, neue Arbeitsplätze, die bei uns geschaffen würden. Die Bürger werden in dieser Zeit, in der alles teurer wird, durch zusätzliche Steuererhöhungen belastet. In unserem Landkreis liegt die Mehrbelastung durch die Erhöhung der Grundsteuer B bei 1,85 Millionen Euro. Jährlich!

 

EMZ: Wehren sich die Städte und Gemeinden gegen diese Entwicklung?

Gordon Schnieder: Die Kommunen wehren sich in ganz Rheinland-Pfalz. Dabei spielt es keine Rolle, welche Partei dort die Mehrheit hat. Das sieht man auch in unserem Landkreis: Die drei Verbandsbürgermeister aus Gerolstein, Daun und Kelberg haben im letzten Jahr der Landesregierung geschrieben und vor den vielen negativen Folgen des LFAG gewarnt. Leider vergeblich. Der Dauner Verbandsgemeinderat stemmt sich in einer mit sehr großer Mehrheit verabschiedeten Resolution gegen das LFAG. Nahezu alle Ortsgemeinden in der VG Kelberg lehnen die Umsetzung des LFAG und somit die Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern schlichtweg ab.

 

EMZ: Warum kann Kelberg das?

Gordon Schnieder: Bis auf zwei Ausnahmen haben die Kelberger Gemeinden keine Liquiditätsschulden. Da derzeit in vielen Gemeinden auch keine größeren Investitionen anstehen, sind die Orte der VG nicht auf Landeszuschüsse angewiesen. Wer hingegen auf Zuschüsse angewiesen ist, keinen Haushaltsausgleich planen kann oder auch Kredite für Investitionsvorhaben benötigt, muss sich dem Zwang durch das Land beugen und die Steuersätze anheben.

 

EMZ: Was sagen die Bürger dazu?

Gordon Schnieder: Zu einer Veranstaltung im Forum in Daun kamen vor wenigen Wochen mehr als 100 Gäste. Sie wollten mehr erfahren über die Grundsteuererklärung und die Auswirkungen des LFAG. Sie sehen die negativen Folgen dieser Steuererhöhungen in einer Zeit, in der viele Menschen große finanzielle Sorgen plagen. Viele sind besorgt, weil die Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen noch weiter abnehmen. Die Regierung in Mainz vernachlässigt seit vielen Jahren den ländlichen Raum. Das sieht man zum Beispiel auch bei der Gesundheitsversorgung oder der Infrastruktur, um nur wenige Beispiele zu nennen. Die Menschen sind mehr denn je verunsichert. Wir wären alle gut beraten, hier den Druck rauszunehmen.

 

EMZ: Herr Schnieder, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Gordon Schnieder: Sehr gerne.